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Französische Nationalversammlung beschließt Aufschub für die Genehmigung neuer Wind- und Solarenergieanlagen

Windrad und Schafe

Die französische Nationalversammlung hat gestern ein Moratorium für die Genehmigung neuer Wind- und Solarenergieanlagen beschlossen. Eine Einschätzung unseres französischen Experten Laurent Brault

Was auf den ersten Blick alarmierend wirkt, relativiert sich jedoch bei näherer Betrachtung deutlich.

Aus den folgenden Gründen dürfte dieser Beschluss kaum Bestand haben:

  • Es handelt sich lediglich um einen Gesetzesentwurf.  Die Lesung des Textes zwischen den beiden Kammern des Parlaments ist noch im Gange und die Zustimmung des Senats steht dementsprechend noch aus. Der angenommene Entwurf ist lediglich vorläufiger Natur und kann daher weiterhin geändert werden.
  • Der Entwurf ist eine mediale Inszenierung der extremen Rechten

Der Gesetzesentwurf wurde nur mit sehr knapper Mehrheit angenommen.

Dies war nur aufgrund der Abwesenheiten von Abgeordneten aus den anderen politischen Lagern möglich.

Tatsächlich haben 65 der 577 Abgeordneten der Nationalversammlung für diesen Entwurf gestimmt;  dabei war die Mehrheit der Abgeordneten der extremen Rechten bei der Abstimmung anwesend, jedoch nur 62 der 344 Abgeordneten der Linken und der Mitte (Macron), die geschlossen gegen den Entwurf gestimmt haben.

Der Entwurf wurde daher mit 65 gegen 62 Stimmen angenommen.

Angesichts der Reaktionen der Medien und der Regierung (insbesondere durch ihren Industrieminister Marc Ferracci), die sich vehement gegen die Annahme dieses Änderungsantrags ausgesprochen haben, werden die Abgeordneten der Linken und der Mitte bei der nächsten Abstimmung in der Nationalversammlung anwesend sein.

Sollte der Text in dieser Form bestehen bleiben, würde der Verfassungsrat das Gesetz mit hoher Wahrscheinlichkeit für verfassungswidrig erklären, denn:

Der Entwurf verstößt in seiner jetzigen Fassung gegen EU-rechtliche Verpflichtungen, die für das französische Recht bindend sind, und steht zudem im Widerspruch zu mehreren grundlegenden Rechtsprinzipien.

Es erscheint daher wenig wahrscheinlich, dass das angekündigte Moratorium in dieser Form umgesetzt wird.

Es handelt sich vielmehr um einen politischen und medialen Vorstoß der extremen Rechten, der aktuell zwar viel Aufmerksamkeit erzeugt, rechtlich und faktisch jedoch kaum Bestand haben dürfte.

Die Verbände stehen weiter im Austausch mit der französischen Regierung, um die baldige Veröffentlichung der schon länger angekündigten Neuauflage der mehrjährigen Programmplanung für die Energie („PPE“) zu erreichen; mit dieser sollen die bisher geltenden Ausbauziele für EE-Anlagen aktualisiert werden.

Die – vorläufige – Annahme dieses Gesetzesentwurfs sollte daher keinesfalls überbewertet werden.

Sie mag ein Symptom für die ablehnende Haltung eines Teils des Parteienspektrums gegenüber der Energiewende sein, repräsentiert jedoch weder die Mehrheit der französischen Parlamentarier noch die öffentliche Meinung, die nach einer jüngst veröffentlichten Umfrage den Erneuerbaren ganz überwiegend positiv gegenübersteht.