Gemeindeöffnungsklausel in Kraft getreten
Windenergie: Ab heute gilt die neue Gemeindeöffnungsklausel (§ 245e Abs. 5 BauGB)
Die neue Gemeindeöffnungsklausel (§ 245e Abs. 5 BauGB) tritt heute (14.01.2024) in Kraft. Den Kommunen soll damit ein weitgreifender Spielraum bei der Flächenausweisung für Windenergie zugebilligt werden. Denn wenn Gemeinden zusätzlich zu den in den Raumordnungsplänen ausgewiesenen Gebieten für Windenergie noch weitere Flächen für die Windenergie ausweisen möchten, kommen sie nicht selten mit den Zielen der Raumordnung in Konflikt.
Ein kurzer Rückblick: Der Gesetzgeber hat bereits im September 2023 das Zielabweichungsverfahren ausgeweitet. Während bis dahin von den Zielen der Raumordnung abgewichen werden konnte („kann“), „soll“ einem Antrag auf Zielabweichung nun nach § 6 Abs. 2 ROG stattgegeben werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dies sollte ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/4823, S. 22) zu mehr Planungssicherheit für Antragsteller und Investoren führen. Allerdings soll durch die fortbestehenden Tatbestandsvoraussetzungen – die raumordnerische Vertretbarkeit und das Nichtberühren der Grundzüge der Planung – weiterhin gewährleistet werden, „dass ein Zielabweichungsverfahren auch zukünftig auf Einzelfälle beschränkt bleibt und es als allgemeines Planungsinstrument nicht zur Verfügung steht“ (BT-Drs. 20/4823, S. 22). Deshalb kam eine Zielabweichung selten in Betracht. Kommunen waren insbesondere dann an der Ausweisung von Flächen für Windenergie gehindert, wenn dem die planerische Ausschlusswirkung von Raumordnungsplänen entgegenstand. Nach § 245e Abs. 1 BauGB gilt die Ausschlusswirkung von Altplänen und solchen Plänen, die bis zum 1.2.2024 in Kraft treten, noch bis Ende 2027 fort, es sei denn das Erreichen der jeweiligen Flächenbeitragsziele ist schon früher festgestellt.
Das soll sich nun mit der neuen Gemeindeöffnungsklausel, die heute in Kraft getreten ist, ändern. Der neue § 245e Abs. 5 BauGB soll den Spielraum der Gemeinden erweitern. Zwar bleibt auch weiterhin ein Zielabweichungsverfahren nötig. Plant eine Gemeinde, eine Fläche für die Windenergie gem. § 2 Abs. 1 WindBG vor Erreichen der Flächenbeitragswerte, spätestens bis 31.12.2027 auszuweisen, und ist dies mit einem Ziel der Raumordnung nicht vereinbar, „soll“ nach der neuen Vorschrift abweichend von § 6 Abs. 2 ROG ihrem Antrag auf Zielabweichung stattgegeben werden, „wenn der Raumordnungsplan für das vorgesehene Gebiet an der von der Gemeinde für Windenergie vorgesehenen Stelle kein Gebiet für mit der Windenergie unvereinbare Nutzungen oder Funktionen festlegt“. Abweichend von § 6 Abs. 2 ROG ist damit eine raumordnerische Vertretbarkeit oder das Berühren der Grundzüge der Planung bei kommunaler Ausweisung von Flächen für Windenergie nicht mehr relevant für die Entscheidung über die Zielabweichung. Entscheidend ist allein, ob „der Raumordnungsplan die Fläche dezidiert für eine andere, mit der Windenergie nicht vereinbare Nutzung reserviert hat“ (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/7622, S. 15). Wenn das nicht der Fall ist, kann den Gemeinden insbesondere nicht mehr die Ausschlusswirkung von übergeordneten Plänen entgegengehalten werden, es sei denn, im Einzelfall sprechen atypische Gründe gegen die Erteilung der Zielabweichung (BT-Drs. 20/7622, S. 15).
Allerdings gilt dies nur für Planungen, die auf eine Ausweisung von Windenergiegebieten vor der Feststellung des Erreichens der Flächenbeitragsziele, spätestens bis zum 31.12.2027 zielen. Erforderlich ist mithin eine Prognose der für die Entscheidung über den Zielabweichungsantrag zuständigen Stelle, ob der Gemeinde dies gelingt.
Die Vorschrift stärkt damit die Position der Gemeinden. Dass die Erleichterungen für die Zielabweichung lediglich für Ausweisungen bis zum Erreichen der Flächenbeitragsziele gelten, steht dem nicht entgegen. Denn mit Erreichen der Flächenbeitragsziele, spätestens zum Stichtag 31.12.2027 entfällt die Ausschlusswirkung von Raumordnungsplänen bereits per Gesetz (§ 249 Abs. 1 BauGB). Insofern kann den Gemeinden jedenfalls keine Ausschlusswirkung von übergeordneten Flächen entgegengehalten werden, wenn sie noch weitere Flächen für die Windenergie ausweisen möchten und die Regionalplanung dies zulässt. Nach Feststellung des Erreichens der Flächenbeitragswerte können andere Ziele der Raumordnung als die Ausschlusswirkung einer gemeindlichen Planung allerdings im Unterschied zu § 245e Abs. 5 BauGB auch dann entgegenstehen, wenn diese Ziele nicht in einer Reservierung für eine andere, mit der Windenergie nicht vereinbare Nutzung bestehen.
Bei Fragen stehen unsere Expertinnen Julia Reder und Dr. Katharina Schober zur Verfügung.